Der Marktkirchenchor singt beim Kurier-Benefiz-Konzert / Interview mit seinem Leiter Thomas Frank

Mittwoch, 23.11.2022 – Wiesbadener Kurier

Das Interview führte Viola Bolduan

WIESBADEN. Wenn am 16. Dezember in der Marktkirche das Kurier-Benefizkonzert für „ihnen leuchtet ein Licht“ stattfindet, wird auch der Chor der Marktkirche beteiligt sein. Dessen langjähriger Leiter und Kantor der Kirche, Thomas Frank, schildert die Entwicklung des Chors und seine Leistungsfähigkeit.

Herr Frank, wie hat der Chor die Zeit zwischen dem WK-Benefiz-Frühlingskonzert im Mai dieses Jahres und dem jetzt bevorstehenden Auftritt am 16. Dezember überstanden?

Wir haben im Mai für die Opera Classica Europa im Kloster Eberbach die „Carmina Burana“ von Carl Orff aufgeführt. Nach der Sommerpause haben wir dann ein kleines gottesdienstliches Programm erarbeitet und Anfang November mit den Proben für das „Weihnachtsoratorium“ von Bach am 3. Dezember in der Marktkirche begonnen. Parallel dazu habe ich meine neuesten Kompositionen mit dem Chor ausprobiert, um noch ein paar Dinge ändern zu können. Im nächsten Jahr führen wir wieder einmal das Mozart-Requiem auf und dazu habe ich zwei thematisch einrahmende Werke komponiert und ich bin froh, dass ich die Möglichkeit habe, auch den Chor in den Entstehungsprozess einbinden zu können.

Sie sind Chorleiter an der Marktkirche seit 1995 – welche Entwicklung hat der Chor während dieser langen Zeit genommen?

Ich glaube, dass die Gruppe sich gut entwickelt hat, wenn man bedenkt, dass ich mit circa zwölf Damen und einem Mann angefangen habe. Die Gruppe wuchs später auf einen teilweise 150 Mitglieder starken Chor an. Das hätte ich 1995 niemals für möglich gehalten, zumal ich damals ja noch als junger Student tätig war und mich erst in Wiesbaden behaupten musste. Die große Chor-Zeit an der Marktkirche („Bach-Chor“) war mit dem Zweiten Weltkrieg beendet und ich musste bei null anfangen, was ein langer und auch beschwerlicher Weg war. Von daher können wir jetzt in der Marktkirche wirklich von einer beachtlichen Entwicklung sprechen.

Seit zehn Jahren nimmt der Marktkirchenchor unter Ihrer Leitung am Benefizkonzert des Wiesbadener Kurier „ihnen leuchtet ein Licht“ teil. Welchen Stellenwert hat dieses Konzert im Gesamtprogramm aller weihnachtlichen Chor-Auftritte?

Der Marktkirchenchor nimmt etwa alle drei Jahre teil. Wir wechseln die Chöre bewusst: So haben bereits auch die Chöre der Berg-, Bonifatius- und Lutherkirche bei uns gesungen. Für uns als Marktkirchenchor ist das sicherlich einer der Höhepunkte im Advent, ganz ohne Frage.

Wie groß ist der Chor und wie verteilen sich die Mitgliederzahlen auf die verschiedenen Stimmlagen?

Momentan singen wir mit rund 90 Leuten. Beim Benefizkonzert werden knapp 70 Sängerinnen und Sänger die Marktkirche mit ihren Stimmen zum Klingen bringen: Sehr viele Alt-Stimmen, eine ausreichende Anzahl an Sopran- und Bass-Stimmen, aber eine leider zu geringe Anzahl an Tenor-Stimmen, aber das ist leider überall so. Also falls hier ein singfähiger Tenor mitliest … Augenzwinkernd sei auf den Frauenüberschuss hingewiesen. Wie ich die letzten Jahrzehnte gelernt habe, ist so ein Chor auch eine echte Kontaktbörse in jeder Hinsicht.

Wie häufig verzeichnen Sie Personenwechsel innerhalb des Chors?

Über die Jahre hat sich ein fester Stamm entwickelt. Man kann sagen, dass mit jeder Probenphase 10 Prozent neue Sängerinnen und Sänger mit von der Partie sind. Grundsätzlich suchen sich die Teilnehmer die Chöre in den letzten Jahren vermehrt nach den aufzuführenden Werken aus. So habe ich zum Beispiel Sängerinnen, die schon länger dabei sind, aber partout keine Werke von Bach singen möchten. Auch gesellen sich oftmals Sänger aus anderen Chören zu uns. Die Situation unter den Kollegen ist in unserer Stadt so gut, dass dies ohne Problem möglich ist, was andernorts nicht immer vorstellbar wäre.

Wie lange singen die Chor-Ältesten schon mit und wie kurz die Neuankömmlinge?

Einige – allerdings sehr wenige – sind von Anbeginn meiner Zeit dabei. Auch zu diesem Projekt haben wir Neuankömmlinge dabei.

Bis zu welchem Schwierigkeitsgrad können Sie mit dem Chor arbeiten?

Es gibt ja keine absolute Schwierigkeit. Man kann mit der Gruppe sehr gut arbeiten, wir haben ein schnelles Lerntempo, und wir haben die gängigen großen Werke der Chorliteratur gesungen, zum Beispiel „9. Beethoven“, „c-Moll-Messe“ von Mozart, „Verdi-Requiem“, „Elias“ von Mendelssohn, „Carmina Burana“ von Orff, um nur einige zu nennen. Unsere und auch meine Stärken liegen somit in dieser „großen“ Literatur.

Im Benefizkonzert tritt der Chor mit Ausschnitten aus Bachs „Weihnachtsoratorium“ und mit Ihren Kompositionen auf – beides wird er gut kennen und doch: Wie oft muss geprobt werden?

Wir haben vier Wochen geprobt, allerdings zwei- bis dreimal die Woche. Allerdings müssen wir in dieser Zeit auch für drei Konzerte in der Marktkirche proben, einen Konzertabend in der Alten Oper und noch für das Singen beim Aufstellen des Weihnachtsbaumes vor der Hessischen Staatskanzlei mit dem Ministerpräsidenten. Ein weiteres Konzert im Kurhaus mit dem Bundeswehr Musikcorps musste ich leider schweren Herzens absagen, es wäre zu viel geworden.

Und worauf achten Sie als Chorleiter vor allem?

Mir liegen die Textverständlichkeit und Aussprache sowie die Präsenz der Sängerinnen und Sänger besonders am Herzen.

Wie oft haben Sie während der Proben für das Benefizkonzert dem Chor Ihren von ihm auf seiner Website notierten Spruch sagen müssen: „Tun Sie mal so, als wäre es richtig“?

An diesen Spruch erinnere ich mich noch genau: Das war eine Chorpassage, die auf den ersten Blick besser, auf das erste Ohr aber falsch klang. Da waren meine Leute immer irritiert und das wirkte sich sofort auf den Klang aus. In diesem Zusammenhang ist dieser Spruch als Aufmunterung gefallen. Von daher habe ich ihn in dieser Probenphase noch nicht gesagt. Es gibt aber immer Leute, die meine Sprüche mitschreiben, und ich bin manchmal verwundert, was ich so alles sage.

Das Interview führte Viola Bolduan.

KARTEN

Am Freitag, 16. Dezember, findet wieder das Weihnachtskonzert zugunsten von „ihnen leuchtet ein Licht“ in der Wiesbadener Marktkirche statt. Beginn ist um 20 Uhr.

Karten sind zum Preis von 80, 65, 50 und 30 Euro (zzgl. Vorverkaufsgebühren) erhältlich, im Internet unter www.adticket.de und bei allen bekannten Vorverkaufsstellen.