Marktkirchen-Kantor Thomas J. Frank im Interview über sein Mascagni-Programm am 6. November

Montag, 18.10.2021 – Wiesbadener Kurier

Das Interview führte Volker Milch

WIESBADEN . Am Samstag, 6. November, werden unter der Leitung von Kantor Thomas J. Frank in der Marktkirche Pietro Mascagnis Oper „Cavalleria rusticana“ (konzertant) und die „Messa di Gloria“ des Komponisten in der Marktkirche aufgeführt. Es ist der zweite Anlauf für das Projekt, das schon 2020 über die Bühne gehen sollte.

Herr Frank, der Gesang ist eine Kunstform, die es in der Pandemie besonders schwer hatte und nach wie vor als Risikofaktor bei der Verbreitung von Viren gilt. Welche Konsequenzen hatte das für Ihre Arbeit als Kirchenmusiker?

Ich konnte nach dem Lockdown im März 2020 noch drei Chorproben durchführen und auch in diesem Jahr erst nach den Sommerferien mit 3-G-Chorproben beginnen. Zum Glück ist unser Probenraum sehr groß und sehr gut zu lüften, sodass wir große Abstände einhalten können. Zu ständigen Begleitern in den Chorproben sind Corona-Schnelltests und CO2-Messgerät, Ersatzmasken und Desinfektionsmittel geworden.

Viele Chorleiter haben auch im Lockdown online Kontakt zu ihren Chören gehalten. Welche digitalen Erfahrungen haben Sie während der Pandemie gemacht?

Onlineproben sind aus meiner Sicht nicht sinnvoll, da vor allem das Gemeinschaftserlebnis vollkommen auf der Strecke bleibt. Das Internet eignet sich höchstens, um einzelne Chorstimmen einzustudieren, was wir auch getan haben. Aber letztlich scheiterte das Proben auch am Fehlen eines konkreten Ziels. Darüber hinaus habe ich aber einen Kurs „Musiktheorie von A bis Z“ angeboten. Das wurde gern angenommen und hat auch mir viel Spaß gemacht. Von daher denke ich, dass wir diese schwere Zeit sinnvoll überbrücken konnten.

Man hört nicht erst seit der Pandemie viel von bröckelnden Gesangvereinen und Chören. Hat auch der Marktkirchenchor einen Aderlass zu verkraften? Wie viele Sängerinnen und Sänger hatten Sie vor der Pandemie, wie viele sind es jetzt?

Da wir projektbezogen arbeiten, schwanken die Zahlen der Mitwirkenden in der Marktkirche ständig. Von daher wird sich diese Frage erst verlässlich im nächsten Jahr beantworten lassen. Aber zum jetzigen Zeitpunkt sieht es nicht sonderlich schlecht aus, was uns alle freut, denn ich hatte Schlimmeres befürchtet. Zum Glück habe ich verständnisvolle Sängerinnen und Sänger, die mit den neuen Regeln verantwortungsbewusst umgehen.

Sie hatten ja schon im März 2020 im Jubiläumsjahr des Komponisten einen Mascagni-Anlauf gestartet, der von der Pandemie ausgebremst wurde. 2020 sollte der Chor Rastislav Blansko in die Marktkirche kommen. Im Programm für den 6. November mit „Cavalleria rusticana“ und der „Messa di Gloria“ steht jetzt der Marktkirchenchor. Stemmt Ihr Chor die Chorpartie jetzt alleine?

Im Prinzip ja, allerdings werden ein paar mir bekannte Sänger unsere Tenöre und Bässe verstärken. Besonders stolz bin ich aber auch auf die hochkarätigen Solisten. Hier sei stellvertretend die Sopranistin Monika Falcon aus Litauen genannt, die schon mit den Berliner Philharmonikern unter Zubin Mehta aufgetreten ist.

Inwiefern unterscheidet sich Mascagnis Kirchenmusik vom weltlichen Werk, der Oper?

Aus meiner Sicht existiert nur ein wesentlicher Unterschied, der durch die unterschiedlichen Gattungen begründet ist: dass es in der Messe keine Rezitative gibt. Ansonsten meint man zu Beginn der Messe, die „Cavalleria“ zu hören. Ebenso ist die Art der Orchesterbehandlung in beiden Werken ähnlich, so wie es auch die Besetzungen sind.

Und worin sind sich die Werke sonst nahe?

Der Komponist Mascagni ist ein äußerst geschickter Melodienschreiber, wie er in beiden Werken eindrucksvoll beweist. Der Ohrwurmcharakter der gefühlvollen Melodien wird sich durch den ganzen Abend ziehen, und ich freue mich, dass ich die Werke nochmals auf Einladung des Orchester-Intendanten in Tschechien in deren Sinfoniekonzerten dirigieren kann.

Die Ostböhmische Staatsphilharmonie hatten Sie ja schon häufiger in die Marktkirche geholt. Wie kompliziert ist die Verpflichtung eines ausländischen Orchesters unter Corona-Bedingungen?

Hier war alles wie sonst. Nur mit diversen Terminverschiebungen musste man gekonnt umgehen.

Muss im Orchester und im Chor noch Abstand gewahrt werden? Wie groß ist die Besetzung?

Das Orchester spielt mit seinen 56 Musikern so, wie es auch in Hradec Králové auftritt. Der Chor wird ohne Chorpodest singen, sodass wir den gesamten Altarraum ausfüllen werden, um die größtmöglichen Abstände einhalten zu können.

Und wie viel Publikum dürfen Sie erwarten?

Das Konzert findet als 3-G-Konzert statt, was bedeutet, dass wir von den deutlich über 1000 Sitzplätzen der Marktkirche etwa 470 im Schachbrettmuster besetzen könnten.